Mittwoch, 24. August 2011

100 Tage unterwegs


100 Tage zu viert unterwegs zu sein heißt für uns, dass wir bald ein Drittel unserer Reisezeit hinter uns haben. Es ist ein guter Anlass und vor allem eine schöne gerade Zahl, die wir Menschen immer gerne zum Anlass nehmen, Bilanz zu ziehen.  Das kann man wohl auf die unterschiedlichsten Arten machen. 100 Tage Reisen heißt in unserem Fall 12.260 km mit dem Camper gefahren zu sein der dabei 3.063 Liter Benzin verbraucht und unserer Reisekasse 2.918 Euro gekostet hat. Das entspricht wiederum rund 34% unserer Gesamtausgaben (ohne Flug und Camperkauf) seit Reisebeginn. Da schlucken wir 4 Erlachs wesentlich weniger – 20,37 Euro geben wir täglich an Lebensmittel aus und für Übernachtungen liegen wir aktuell bei 6,86 Euro pro Tag (wobei wir nur für 20 Nächte eine Campinggebühr gezahlt haben und die ersten 7 Tage Bed and Breakfast in Calgary 2/3 der gesamten Übernachtungskosten ausmacht). Vgl. Erlach: Worldtrip.xls. 2011.  Diese Art von Bilanz könnten wir wohl noch weiter führen, möchten wir euch aber VORERST ersparen.
Selten kommt es vor, dass wir mehr als eine Nacht auf einem Platz bleiben. Das bedeutet jeden Tag mind. ein neuer Ort, ständiges Aufmachen und Weiterziehen, unglaubliche Massen an neuen Eindrücken. Mittlerweile haben wir begonnen unsere Bilder zu beschriften, weil unser interner Speicher im Großhirn diese Menge an Informationen schon anfängt durcheinander zu würfeln. Ist aber sowieso ganz gut das jetzt zu machen. Einerseits haben wir die Zeit dazu, und wenn wir in einigen Jahren die Fotos wieder anschauen gibt’s keine Streitereien darüber, wessen Erinnerungen schärfer sind. Fotos sind das Eine – unsere Wahrnehmungen wieder was Anderes. So viele wunderschöne Plätze haben wir gesehen, dass die „nur“ schönen Plätze jetzt immer weniger Beachtung bekommen und fast inflationär werden. Tatsächlich sind wir vor 2 Tagen an einem Schwarzbären vorbeigefahren ohne anzuhalten – das würde ein 3-4 Wochen Tourist doch nie machen oder?
Jetzt, wo wir wieder weiter im Süden, doch aber noch im Norden sind, haben wir auch wieder öfter die Gelegenheit uns im Internet über Neuigkeiten von Zuhause zu informieren. Schließlich denken wir schon auch immer wieder an unsere Freunde, Familie und ihr werdet es nicht glauben, auch an die Arbeit und fragen uns was die so erleben – um etwas zu erleben muss man nämlich nicht immer verreisen ;-) Es freut uns auch sehr, im Blog die Kommentare zu lesen und nicht nur die Zugriffsstatistiken zu verfolgen. Obwohl es schon interessant ist, auch Zugriffe aus China, Mongolei, Ukraine usw. zu haben. Wer ist das nur?
Und da ist ja noch unser Haus mit Garten. Meine Schwester Sabine mit Magdalena und Sebastian haben diese Pastion voll unter Kontrolle und haben beim Housesitting wohl selbst Lust auf diesen Lebensstil bekommen. Auf die Frage, ob wir nicht ab und zu mal Heimweh haben, können wir nicht mit einem klaren nein antworten. Wobei wir sehr viel darüber nachgedacht haben, woran das liegt. Wir gehören wohl zu dieser Spezies Mensch die gerne Arbeiten, beschäftigt sind, Missionen erfüllen wollen. Das ist es, was uns im Moment schon etwas abgeht. Viel Zeit verbringen wir im und rund um unseren Camper. In der Tundra haben uns Moskitoschwärme von größeren Unternehmungen abgehalten, aktuell ist es wieder die extrem dichte Vegetation. Jetzt freuen wir uns fast schon wieder auf eine etwas touristischere Gegend (wow – das aus unserem Mund) wo es wieder Wanderwege gibt, und wir freuen uns auch auf einen neuen Reisestil, den wir bereits in 4 Wochen in Costa Rica erfahren werden. Hoffentlich können wir noch unseren Camper gut verkaufen. Danach sind wir wieder auf öffentliche Verkehrsmittel und Budget-Unterkünfte angewiesen.
100 Tage Reisen heißt für uns auch 100 Tage auf engstem Raum zusammen zu leben. Es gibt wenige Tabus, kein „jetzt wollen wir mal was nur zu zweit unternehmen“, keine Großeltern, Onkel und Tanten, Freunde, die als Babysitter, Sportpartner, oder einfach nur für gesellschaftliche Zusammenkünfte zur Verfügung stehen. Es kam auch schon die Frage, wie wir das machen, wenn wir streiten. Ja Marita, das mit dem vor die Tür gehen und dann von Moskitos aufgefressen zu werden und gebeugt auf Knien rutschend wieder zurück zu kehren klingt zwar lustig, war bis jetzt aber noch nicht der Fall. 2 mal Streiten in 100 Tagen ist kein schlechter Schnitt. Wenn ich (Enzo) dann emotionsgeladen den Camper verlasse, habe ich meistens ein Tempo drauf, dem selbst die Moskitos nicht folgen können;-)  Mit den Kindern ist das was anderes, die können wir nicht einfach so rausschicken und von den Bären auffressen lassen. Da heißt´s dann Selbstdisziplin und hoffen, dass einer der Elternteile die Kontrolle behält. Hat bis jetzt ganz gut geklappt.
Geht’s den Kindern gut? Diese Frage wurde schon des Öfteren in den Raum gestellt. Tharis ist jetzt ja schon 3,5 Jahre alt und während den Autofahrten starrt sie immer aus dem Fenster und scheint die Landschaft samt Tieren förmlich aufzusaugen. Nicht einmal haben wir es geschafft an einem Spielplatz vorbei zu fahren, ohne dass die Kinder diesen bemerkt hätten. Immer wieder gönnen wir ihnen auch dieses Vergnügen und ich (Enzo) muss zugeben, dass ich mich dann selbst mal gerne auf die Klettergerüste hänge. Leela, die jetzt ja laut eigenen Angaben schon größer ist, also 2,5 Jahre, fängt nun an ihre eigenen Ideen zu verfolgen. Die letzten Monate wollte sie nämlich immer das gleiche wie Tharis – das ändert sich jetzt und bietet natürlich auch wieder ein bisschen Zündstoff zwischen den beiden.
Anpassungsfähig sind die 2 wie nur was. Als die Sonne nie unterging waren sie teilweise bis Mitternacht auf und wollten auch nicht schlafen. Jetzt, wo es um 9 schon wieder finster ist, hat sich wieder ein neuer Rhythmus eingependelt. Sie haben sich auch an das Vagabundenleben gewöhnt. Gegen Abend fragen sie schon wo wir heute schlafen werden. Wenn wir am Abend fahren und sie einschlafen ist die erste Frage in der Früh wo wir den heute sind. Sie mischen sich auch schon in die Schlafplatzbewertungen mit ein. Gefällt – Gefällt nicht – nein weiterfahren.
Immer wieder sind wir an Plätzen wo es auch viele andere Kinder gibt. Diese werden dann zwar recht gerne beobachtet, aber zu einem gemeinsamen Spielen kommt es nur selten. Tharis und Leela sind schon so zusammengewachsen. Ständig werden neue Rollenspiele erfunden. Anfangs waren es noch die Pferde von der Tante Elisabeth, dann der Hund Nero von guten Freunden, Babyspielen (meistens geht’s um Björni) ist sowieso ein Dauerrenner und jetzt spielen sie auch gerne Cleo (unsere Nachbarskatze).  Dank der neuen Medien haben wir auch immer wieder die Möglichkeit mit Großeltern, Tanten und Onkel zu skypen – ohne Video ist es jedoch für die Kinder fast inakzeptabel. Sobald wir im Internet sind kommt die Frage: Ist wer online? Diese Art der Kommunikation ist für die beiden schon so normal geworden wie zu unserer Zeit die Joghurtbechertelefone.
Es ist schon ein großes Geschenk die Möglichkeit zu bekommen, ein Jahr zu Reisen und dabei noch die Entwicklung der Kinder so hautnah mit zu bekommen. Doch wie so vieles, werden wir auch das später noch viel mehr Schätzen.

6 Kommentare:

  1. Hallo ihr vier in der großen weiten welt! Gewaltig, ich lese eure berichte sehr gerne und da wird mir bewusst, in welch fuzzi kleinem weltchen wir uns zur Zeit aufhalten (Jakob gibt den Takt vor - wickeln, stillen, heia machen).
    Da ist es nochmals spannend, von euch zu lesen und zu wissen, dass wir eigentlich nur ein kleines puzzleteil im gesamten sind. Fein, dass eure mädels sich als weltenbummler so klasse anstellen. danke für eure einträge glg aus dem extrem heißen graz (36 grad - aber gefühlte 45)
    adele und co

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  2. Gruesse aus China, Mongolei & Ukraine! Waehrend dem Sommerurlaub haben wir trotzdem euch verfolgt! hahaha
    Scherz beiseite - ich sitze bequem in Maria Saal, Aperol im Hand & Grissini mampfenden Aston daneben und bewundere euer Reiseberichte immer wieder! Es ist grossartig das wir an eure Abenteuerreise teilnehmen dürfen!
    In Australien gibt es aber kein Joghurtbechertelefone... dort sind Suppendosentelefone de rigeur (wenigstens waren sie vor 30 Jahre voll in!).
    Stay Safe Erlachs... kisses for the Babies xxx

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  3. Hi ihr Lieben!
    Super eure Zwischenbilanz - echt gut zu lesen und ich freu mich immer zu hoeren, wie es euch geht und was ihr so erlebt. Wollten uns eigentlich nur kurz zurueck melden und noch mal ganz herzlich Dankeschoen sagen fuer Camper & Co.! Hat alles super geklappt und wir werden uns bald ausfuehrlicher melden mit ein paar Fotos von eurem "anderen" Camper im Einsatz:-) Muss sagen, haette gerne noch 200 Tage Traveller Leben vor mir...naja, mal sehen was da noch so kommen wird.
    Bis ganz bald mal wieder via Skype - Petra & Mario

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  4. Hi ihr vier,

    wir sind gerade aus italien zurückgekommen - haben einen typischen badeurlaub mit strand, meer, tausenden von menschen, super mini zimmer - super teuer, pizza, spaghetti, gelati, sandburgenbauen, salzwasser schlucken hinter uns. für uns war dieses typische "touris" zu sein auch schön, ruhe und erholung haben wir jetzt ja wieder daheim. möchte morgen mit david auf schwammerlsuche gehen, oder zum klopeiner see fahren.
    nun aber zu euch, finde eure berichte und bilder super, versinke dann auch immer in so reiseträumerein. fritz hat sich das bild mit den den Biberwäldern angesehen - auch nicht viel besser, als unsere borkenkäferplage. schön, dass ihr so viele wunderschöne, atemberaubende eindrücke mitnehmen könnt - und wir auch via fotos und bereichten teilhaben dürfen. freue mich schon, wieder von euch zu lesen. alles liebe
    christa, fritz, david und max

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  5. es ist schön zu lesen, daß es euch gut geht. abgesehen von all den vielen lebendigen u interessanten schilderungen, bewundere ich eure art der reflexion. ausgewogen, vielfältig und kritisch.
    machts gut u lg
    roland

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  6. schon faszinierend, die schiere Tatsache, dass das bei euch da alles so rennt ist aus der Perspektive des Vollkaskowohlständlers gleichermaßen wunderbar wie unbegreiflich.

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